SENF AUS SCHWERTE

Die Schwerter Senfmühle ist ein kleiner, alt eingesessener Familienbetrieb in Schwerte. 

Ende 1999 übernahm Frank Peisert mit seiner Familie die historischen Mahlgänge samt Zubehör vom Vorgänger Wilhelm Adrian, der ihnen auch das nur mündlich überlieferte, geheime Familienrezept anvertraute. Zuerst als Hobby angedacht, um den „guten Schwerter Senf“ nicht zu verlieren und die Tradition aufrecht zu erhalten, fanden schon bald immer mehr Schwerter zu „Ihrem Senf“. Besonders durch sie war der Schwerter Senf bald in „aller Munde“. Verschickt, verschenkt und verkostet wächst die Schwerter Senfgemeinschaft und alle freuen sich, dass durch viele Anregungen und Anfragen der Kunden weitere Senfsorten entstanden sind.

Die Ursprünge der Schwerter Senfherstellung

Die Wurzeln des Senfbetriebes liegen in Hagen-Hohenlimburg des Jahres 1845. Damals gründete die Handelsfirma Hegelich einen Senfhandel. Dieser wurde in den nächsten Jahren nach Schwerte verlegt. Der Senf wurde seinerzeit noch zerstoßen und als gröbere Paste angeboten. Aus dieser Zeit stammt auch die Bezeichnung „Stammhaus 1845“, welche noch auf den heutigen Senftöpfchen zu lesen ist. Die Firma Hegelich betrieb den Senfhandel jedoch nur über zwei Generationen.

Die Familie Adrian

Am 23. Mai des Jahres 1902 verkaufte Benjamin Hegelich das Senfgeschäft an seinen Stiefsohn Wilhelm Adrian und dessen Ehefrau Pauline Sohlenkamp, deren Eltern eine Spedition mit Kaltblütern betrieben.

Dieser führte ab dem 1.Juni 1902 die Geschäfte weiter, damals noch in der Moltkestraße, die heute in Friedensstraße umbenannt worden ist. Zum Einstieg in die Senfherstellung mußte Hegelich seinem Nachfolger noch 14 Tage „behülflich“ sein. Kurz nach dem Kauf verlegte Adrian den Betrieb in einen Neubau am heutigen Holzener Weg 19, damals am Rande der Stadt Schwerte. In diesem Jahr wurde auch der erste Nachfolger für die Senffabrikation geboren und ebenfalls Wilhelm getauft.

1923 ist ein neuer Doppelwalzenstuhl zur Zerkleinerung der Senfsaat angeschafft worden, der noch heute in Betrieb ist und 14,4 Mio. Reichsmark gekostet hat. 1925 wurde die Unterkunft der Senfmühle erweitert und umgebaut, unter Inbetriebnahme einer Transmission, die anfangs wohl von einem Gasmotor angetrieben wurde. Es wurden von der Familie und den 4 bis 5 Angestellten zwischen 500 und 600 kg Senf am Tage hergestellt. Der Senf wurde je nach Gebindegröße in Gläser, Eimer, oder 15, 30 bis 70 Liter Holzbottiche abgefüllt. Die großen Gebinde wurden in der Regel von den Zwischenhändlern für die Endverbraucher in kleine Gläser portioniert. Zu diesen Tagen lieferten Adrians den Schwerter Senf sowohl mit Pferdekarren, als auch per Lastkraftwagen in einem Umkreis von ca. 150 km persönlich aus. Dies war in der Tatsache begründet, dass der Senf bei Auslieferung bar bezahlt wurde. Um die Störanfälligkeit des Gasmotors zu umgehen, stellten Adrians den Antrieb auf einen Einzylinder-Deutz-Dieselmotor um, welcher besonders an kalten Tagen nur schwer zu starten war. Eine fest installierte Heizung war weder damals, noch 1999 in der Senfmühle vorzufinden.
Um 1935 wurden die heutigen Senfmahlgänge angeschafft, damals laut Werbeprospekt die modernste Senfanlage der Welt.

1939 übergab der erste Wilhelm Adrian die Senffabrik an seinen Sohn. Da dieser jedoch kriegstauglich war und somit von der Wehrmacht eingezogen wurde, musste der Betrieb von seinem Vater und seiner Frau weitergeführt werden. 1950 wurde die Produktion um einen Mahlgang für besonders scharfen Senf samt Passiermaschinen erweitert.

1960 wurde die Fabrik an den dritten Wilhelm Adrian vermacht. Ein wenig später kam der Inhaber der Senfmühle Carl Grevener in Witten auf Adrian zu und vermachte ihm den Kundenstamm und die Wittener Mühle, wie es von dem zweiten Wilhelm mit ihm verabredet wurde. Die zunehmende Industrialisierung der Senfherstellung und die aufkommenden Handelsketten ließen viele „Tante Emma-Läden“ sterben und so den Senfabsatz der Senffabrik sinken. Obwohl die Senfherstellung in den weiteren Jahren immer mehr zu einem Hobby wurde, betrieb es Wilhelm Adrian für seine treuen Kunden und Freunde neben seiner neuen Arbeit weiter. Hierdurch überlebte die Schwerter Senffabrik die nächsten fast 25 Jahre, ohne das Schicksal vieler anderer zum Teil größerer Senfmühlen zu teilen.

Über vier Jahre versuchte Wilhelm Adrian seine Berufung letztlich an den Nagel zu hängen, doch viele seiner Kunden überredeten ihn stets zum Weitermachen, bis 1999 das endgültige Ende des Schwerter Senfes gekommen sein sollte. Im Alter von 69 Jahren hörte der dritte Adrian in der Adventszeit mit der Senfherstellung auf.

Der neue Senfmüller

Dies war der Zeitpunkt, an dem Frank Peisert neuen Senf brauchte, jedoch waren bei Adrians keine Senfvorräte mehr vorhanden. „Wenn du Senf brauchst, dann mach´ ihn dir gefälligst selber!“ sagte Adrian damals. Beim ersten Anblick der Mahlgänge war Peisert sofort klar, dass er den Senfmüller beim Wort nehmen wird. So wurde zwischen den Jahren der Kaufvertrag aufgesetzt und unterzeichnet. Da der bisherige Standort der Senfmühle einer anderen Nutzung zukommen sollte, wurden die Mahlgänge nebst Zubehör nach langer Suche an die Ruhrstraße in die Rohrmeisterei verlegt. Nach der Herrichtung der Räumlichkeiten konnte die Produktion im November 2000 wieder anlaufen.

Wie 1902 war nun Wilhelm Adrian seinen Nachfolgern „behülflich“ und führte diese in die Kunst der Senfherstellung ein. Die ersten drei Mahlungen produzierte Adrian noch selbst, schaute bei den nächsten zwei noch zu. „Jetzt kann ich euch nichts mehr beibringen. Ich habe noch andere Dinge zu tun. Wenn etwas ist, dann ruft an!“ sagte er. Und so kam es! Dennoch beliefert Adrian weiterhin alte Stammkunden mit Schwerter Senf.

Ostern 2002 erfolgte die Verlegung der Senfmühle in den Anbau der Ruhrstr.16. Momentan mahlt die Senfmühle ungefähr einmal in der Woche neuen Schwerter Senf, je nach Bedarf und Nachfrage.

Die Schwerter Senfmühle ist der einzige Senfbetrieb seiner Art, der in Westfalen erhalten geblieben ist und bis auf eine kurze Zeit permanent die würzige Paste hergestellt hat und weiter herstellt. Manchmal geht auch Wilhelm Adrian noch seiner Leidenschaft nach und stellt ein bisschen Schwerter Senf in der Senfmühle her. Meistens meint er dann, alles verlernt zu haben, doch die Handgriffe sitzen wie eh und je und der Senf tropft wie früher goldgelb in den Eichenbottich.

Herstellung des Schwerter Senfs

Für den Schwerter Senf werden ausgewählte und hochwertige Zutaten verwendet, ohne Verwendung von Zucker oder Süßstoff. Zur Herstellung werden zwei Arten von Senfsamen benötigt. Zum einen gelbe Senfsaat, welche im Mitteleuropa wächst und für die Würze verantwortlich ist. Zum anderen braune Senfsaat, welche von Großhändlern aus Kanada, Persien, oder Süditalien importiert wird und für die Schärfe des Senfes maßgeblich ist, benötigt. Senf aus Senfsaat beinhaltet alle Wirkstoffe des Senfsamens im fertigen Produkt und ist bei gleicher Herstellung qualitativ hochwertiger und geschmeidiger. Im Gegensatz hierzu steht das Senfmehl, das teilentölt ist.
Die Senfsaat wird auf einem Walzenstuhl von zwei gegeneinander laufenden Profilwalzen geschrotet, also zu einem groben Senfmehl zerrissen und in ein Maischefass gegeben. In dieses Maischefass werden auch die restlichen Zutaten für den Adrian Senf, also Wein-Branntweinessig und Salz gegeben. Durch den Essig- und Salzgehalt ist eine natürliche Konservierung gewährleistet, so dass andere bzw. künstliche Konservierungsmittel nicht verwendet werden. Die Maische ist nach ca. einem Tag unter ständigem Rühren bereit zur Weiterverarbeitung. Der Senfschrot ist durchnässt und kann somit auf den Nassmahlgängen vermahlen werden.
Die Vermahlung erfolgt durch ca. 400 kg schwere Granitsteine. Diese verfügen über ein handgeschlagenes Profil, welches von Zeit zu Zeit mit Hammer und Meißel nachgeschlagen werden muss, da mit der Vermahlung auch gleichzeitig eine Abnutzung des Profils einhergeht. Über einen Schlauch wird die Maische aus dem Fass gesaugt und in die Mitte des ersten Mahlsteinpaares gepumpt. Von hier wird das Mahlgut unter dem Druck des oberen, sich drehenden Granitsteines von innen nach außen gemahlen, um anschließend in einem Behälter aufgefangen zu werden. Von diesem wird das jetzt vorgemahlene Produkt abermals abgesaugt und auf das zweite Mahlstei paar gepumpt. Durch das Zermahlen wird der Senfschrot weiter zerkleinert und kann so mehr Flüssigkeit aufnehmen, wodurch die Maische zum Senf andickt. Nach dem zweiten Mahlgang ist der Senf fertig zur Ablagerung im Holzfass, die ca. 5 Tage, mindestens jedoch 2 Tage dauern sollte. In dieser Zeit kann der Senf Luft ziehen und seine mittlere Schärfe entwickeln.

Kurz nach der Mahlung besitzt der Senf noch eine sehr hohe Schärfe. Wie Senfmüller Wilhelm Adrian zu sagen pflegte: „Groben Senf mahlen kann jeder, das Geheimnis ist fein zu mahlen!“. Dies liegt in der Tatsache begründet, dass durch die Reibung und Rotation der Granitsteine Wärme entsteht. Zuviel Wärme lässt den Senf bitter werden und macht ihn somit ungenießbar. In den 30er und 40er Jahren war dies das modernste Mahlverfahren und wurde von fast jeder Senffabrik angewendet. Da dieses alte Verfahren für eine neuzeitliche Senfproduktion zu aufwendig und der Ausstoß zu gering ist, existieren im Bundesgebiet insgesamt nur noch vier aktive historische Senfmühlen (laut Westf. Freilichtmuseum Hagen).

Zu sagen bleibt, dass durch das kalte Herstellungsverfahren die natürlichen Wirkstoffe des Senfkorns im Senf erhalten bleiben. Zudem werden weder Farbstoffe noch Zucker verwendet, wodurch der Senf auch für Diabetiker geeignet ist.

Geschmack und Schärfe

Sollte der Senf einmal zu scharf erscheinen, liegt dies in der Tatsache begründet, dass Senf im Laufe seines Lebens an Schärfe verliert. Man hat somit einen „jungen“, frischen Senf bei Tisch. Der Senf sollte kühl gelagert werden, um einem vorzeitigen Schärfeabbau entgegen zu wirken. Der Schwerter Senf ist ein mittelscharfer Senf, der zu Fleisch, Käse und Wurst genauso gut schmeckt, wie in Salatsoßen, Suppen oder im Eis. Zur Ehrung der Gründer der Schwerter Senfmühle, der Familie Adrian, die die Senfherstellung in Schwerte annähernd 100 Jahre betrieben haben, heißt der Klassiker heute Adrian Senf. Der Senf wird nach einem historischen Verfahren hergestellt. Durch dieses kalte Herstellungsverfahren bleiben die natürlichen Wirkstoffe des Senfkorns im Senf erhalten. Zudem werden weder Farbstoffe noch Zucker verwendet, wodurch der Senf – mit Ausnahme der Sorten Honig Senf, Honig-Dill Senf (Zuckeranteil durch den Honig) und Riesling Senf (Zuckeranteil durch den Wein) – auch für Diabetiker geeignet ist.

Sorten

Adrian Senf – Klassiker
Chili Senf
Curry Senf
Estragon Senf
Ganzkorn Senf
Honig Senf
Honig-Dill Senf
Knoblauch Senf
Kräuter Senf
Pfeffer Senf
Preiselbeer Senf
Riesling Senf
Scharfer Senf
Scharfer Honigsenf
Chili-Honig Senf
Bier Senf
Rüben Senf
Rotwein Senf
Lebkuchen Senf
Gelbe Senfsaat
Schwarze Senfssaat
Mahlgang 1
Mahlgang 2